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Der Glockenguß

Eine Kirchenglocke ist ein geweihtes Musikinstrument. Ihre Entwicklung bedurfte ca 400 Jahre, bis das die bekannte Form mit dem heutigen gewohnten Klang entstanden war. Die ersten Glocken kamen aus China, allerdings aus Blech geschmiedet und waren kein Ohrenschmaus.

Wenn ich mit Engelszungen redete, hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich wie tönend Erz (!) oder lärmendes Schlagzeug .... “ Bibelspruch

Die ersten gegossenen Glocken, ca. 1100 n.Chr. hatten die Form eines Bienenkorbes und klangen etwas besser als eine Blechtonne. Dann bemühte man sich um klangliche Verbesserungen. Es entstanden die Zuckerhutglocken, die schon recht gut klangen. Dann kam die Birnenform und schließlich um 1400 n.Chr. die gotische Rippe. Sie ist die heute bekannte Glockenform. Mit dem Guß der Maria Gloriosa im 15. Jahrhundert n.Chr. war die Entwicklung abgeschlossen. Sie gilt als die beste Glocke, die jemals gegossen wurde. Charakteristisch für die gotische Rippe ist , daß die Höhe der Glocke ohne Krone fast gleich dem Durchmesser unten ist. Nachträgliche Experimente wie z.B. die französische Rippe mit erweitertem Durchmesser brachten keine besseren Ergebnisse mehr.

Heutzutage gibt es verschiedene Glockenarten, die man auch anhand ihres Materials unterscheidet. Die häufigste Glockenart ist die Bronzeglocke, die viele Vorteile im Klang aufweist und schon seit Beginn der Glockengießerkunst in Mitteleuropa angetroffen werden kann. Daneben verwendet man auch sog. Austauschwerkstoffe als Glockenmaterial. Vor allem zu Zeiten, in denen wenig Geld für den Glockenguss zur Verfügung stand, verwendete man Gusseisen oder Stahl, weil es auf dem Markt am einfachsten und billigsten zu erhalten war. Dazu später noch mehr im Kapitel SONDERGLOCKEN.

Die sogenannte Glockenbronze, aus der die meisten Glocken hergestellt werden, ist eine Legierung, die aus ca. 22 % Zinn und 78 % Kupfer besteht. Man kann die Angaben nicht genauer machen, weil jeder Gießer gemäß seiner Familientradition eine eigene Zusammensetzung bevorzugt, die jedoch im Bereich dieser Angaben liegt. Der Anteil der Fremdbestandteile der Bronze darf nur bei 2 % liegen, darunter höchstens 1 % Blei. Der Mindestgehalt an Reinzinn muss 20 % betragen. Dies ist so in den Limburger Richtlinien vom Beratungsausschuss für das deutsche Glockenwesen im Jahr 1951 festgehalten worden.

Grund dafür sind die besonderen Anforderungen, die an das Glockenmaterial gestellt werden. Zum einen muss das Material eine geringe Dämpfung des Klangs aufweisen, zum anderen soll die Schallgeschwindigkeit im Inneren niedrig sein. Auch nach jahrzehntelangem Gebrauch müssen diese Eigenschaften dem Material erhalten bleiben. Der Glockenwerkstoff muss sich durch ausreichende Härte, Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit auszeichnen. Aber auch der Materialwert des Kupfers und besonders des Zinns ist nicht ohne Bedeutung, damit die Glocke einen beständigen Gegenwert zum Anschaffungspreis darstellt.

Der Elastizitätsmodul (E-Modul) E ist eine Materialgröße der Bronze, die vom Zinngehalt abhängig ist. Er ist ein Maß für die Elastizität des Materials und bezeichnet das Verhältnis einer angreifenden Spannung, angegeben in N m-2 (Pa), zur dadurch entstehenden elastischen Dehnung des Glockenmaterials in Prozent. Bei bekanntem E-Modul und bekannter Dichte r kann die Schallgeschwindigkeit in Bronze cBr errechnet werden. Ihr Wert liegt bei ca. 3400 m s-1. Je höher der Zinngehalt ist, desto größer ist der E-Modul und nach obiger Formel auch die Schallgeschwindigkeit, die wiederum proportional zu den Frequenzen der Partialtöne ist. Die Tonhöhe einer Glocke steigt also mit dem Zinngehalt der Legierung.

Mit der Konstruktion der Rippe, wie man den halben Querschnitt einer Glocke nennt, sind Form und Größe der Glocke sowie die Intervallbeziehungen zwischen den Partialtönen bereits festgelegt. Die in Abbildung 3 gezeigte sog. "gotische Rippe" (mit geneigter Symmetrieachse) bildete sich bereits im 14. und 15. Jahrhundert aus der Vielfalt der Glockenformen heraus, weil sie die besten Klangergebnisse hervorbrachte, und wird bis heute als übliche Glockenform verwendet. Charakteristische Merkmale sind die flache Haube, die im Durchmesser ungefähr halb so groß ist wie die Schärfe, also der untere Rand der Glocke, sowie der bogenförmige Untersatz, der sich am unteren Ende zum Schlagring verdickt und zur Schärfe hin ausläuft.

Bei der Rippenkonstruktion greift der Glockengießer auf eine alte Maßeinheit zurück, nämlich den "Schlag", auch "Stich" genannt. Die Dicke des Schlagrings misst immer 1 Schlag. Deshalb ist er keine feste Größe, sondern abhängig von der Glockengröße. "Der untere Durchmesser der Glocke beträgt dann rund 14 Schlag, der obere etwa 7 Schlag, die Höhe 10 - 11 Schlag [...]

Gotische Rippe

Zu einer Glocke gehört auch ein Teil, ohne das diese überhaupt nicht erklingen würde: Der Glockenklöppel. Er ist in der Glocke aufgehangen und schlägt jeweils am Schlagring an. Wie das genauer funktioniert, erkläre ich später im Kapitel Läutetechnik.

Die Rippenschwere ist eine definierte Größe in der Glockenkunde und wird in m s-1 angegeben. Sie bezeichnet das Produkt des größten Durchmessers D0 und der Frequenztonhöhe fST des Schlagtons einer Glocke. So lässt sich auch die zunächst ungewöhnlich wirkende Einheit erklären. Die Werte für leichte Rippen liegen im Bereich von 380 m s-1, für schwere Rippen bei ca. 450 m s-1. Für eine Glocke mit dem Schlagton c' = 259 Hz und mittelschwerer Rippe (410 m s-1) ergibt sich demnach der Durchmesser D0 = 410ms-1 : 259Hz  = 1,58 m . Das oben angegebene Verhältnis zwischen Schlag (d.h. Schlagringstärke) und Durchmesser muss insofern als Mittelwert angesehen werden, weil es bei schweren Rippen größer als 1 : 14 ist (bis etwa 1 : 13). Auch für die Glockenmasse hat man eine vereinfachende Formel gefunden. Sie berechnet sich nach D03 * g, wobei g eine Konstante ist, die man bei Bronzeglocken mit etwa 590 kg m-3 ansetzen kann. Beim obigen Beispiel der c'-Glocke bedeutet das eine ungefähre Masse von (1,58 m)3 * 590 kg m-3 = 2327 kg. Bei sehr leichter Rippe kann die Masse einer c'-Glocke hinunter bis 1000 kg reichen, bei sehr schwerer Rippe bis ca. 3500 kg. Allgemein muss man dazu anmerken, dass diese Formeln Werte liefern, die aufgrund der feinen Unterschiede der verschiedenen Rippen nicht bei jeder Glocke exakt stimmen können, z. B. spielt bei der Glockenmasse auch das Gewicht der Krone eine Rolle. Möchte der Glockengießer unter Verwendung der gleichen Rippenform eine Glocke mit einer Tonhöhe anfertigen, die eine Oktave tiefer als c', also bei co liegt, so beachtet er, dass der Durchmesser doppelt so groß wird und das Gewicht sogar auf das 23-fache anwächst. Für den Glockendurchmesser gilt nämlich D0 ~ 1 / fST. Er folgt bei der Tonhöhe also demselben Gesetz wie die Länge von Orgelpfeifen oder Gitarrensaiten. Die oben eingeführte Rippenschwere kann man hier als Proportionalitätsfaktor einsetzen. Für die Fortschreitung des Durchmessers von Halbton zu Halbton, d. h. um 1 / 12 Oktave nach unten, gilt 1 : 21/12 und für den Gewichtsfortschritt 1 : 81/12 = 1 : 21/4. "Eine Glocke im Abstand von 4 Halbtönen von einer anderen (= große Terz) hat demnach ein Gewicht von 1 : 24/4 = 1 : 2, ist also doppelt so schwer!

Bei der Herstellung einer Glockenform wird zuerst ein Ziegelkern gemauert. Darauf kommt eine Lehmschicht, die mit einer Schablone glattgestrichen wird. Anschließend wird nach dem Trocknen der Schicht diese mit Rinderbrühe getränkt. Diese dient als Trenmittel.

Darauf wird dann eine zweite Lehmschicht aufgetragen und wieder mit der Schablone bearbeitet. Es entsteht die sog. Falsche Glocke.

Danach wird nochmals Tonerde aufgetragen.

Dann wird mit einem ordentlichen Brennfeuer getrocknet. Danach hebt man den Mantel wieder ab, entfernt die zweite Lehmschicht und setzt den Mantel wieder auf. Somit ist die Lehmhohlform entstanden

Die Formen werden dann in der Erde vergraben. Nun kann die Glockenspeise, so nennt man die flüssige Bronze, über Flußkanäle in die einzelnen Formöffnungen fließen.

Nach dem erkalten des Materials, was durchaus 4 Wochen dauern kann, wird die Glockenform wieder ausgegraben, der Tonmantel abgeschlagen, der Glockenkörper gereinigt und poliert. Dann ist die Glocke fertig.

Es entwickelten sich bestimmte Läuteordnungen, wie das Wetterläuten, von der ARD einstmals verfimt  in dem Komödie “ Der Glockenkrieg “, wobei früher so mancher Glöckner vom Blitz erschlagen wurde oder das Baiern, wo die Glocken im Marschmusiktakt mit den Klöppeln angeschlagen werden und so eine zackige Melodie ertönt sowie natürlich unser heutiges Mittagsläuten: “Angelus” oder “Vater unser Läuten” genannt. Ebenso gab es aber auch früher Feuerglocken, meistens St. Florian geweiht, die aber durch die heutigen Sirenen abgelöst wurden.Nach dem Guß werden die neuen Glocken in die betreffende Gemeinde transportiert, wo sie in einer feierlichen Prozession von den Einwohnern empfangen und jede Glocke in der Glockenweihe auf dem Kirchplatz mit Weihwasser und Cresamöl einem Heiligen geweiht wird. Deshalb haben Glocken auch einen Namen. Meistens ist dieser als Inschrift beim Gießen mit eingegossen worden. Ebenso finden sich neben vielen Verzierungen auch Wünsche und Lobpreisungen auf der Wandung. Nach der Weihe zieht man die Glocken mit schwerem Gerät in den Turm.